Teilprojekt Umweltökonomie
Die Analyse der Vor- und Nachteile eines künstlichen Eingriffs in das Klimasystem muss auch immer ökonomischer Natur sein: Wie hoch sind die geldwerten Schäden durch eine Erhöhung der globalen Temperatur (zum Beispiel durch Ernteausfälle, Überflutungen)? Was sollte es der Weltgesellschaft wert sein, durch eine ausreichende Reduzierung der Emissionen den Temperaturanstieg zu stoppen? Was kostet im Vergleich dazu eine Manipulation des Klimasystems durch Geoengineering? Wie hoch sind die unintendierten Schäden durch einen solchen Eingriff?
Suggerieren diese Fragen, es gelte eine einfache Bilanz zu erstellen, so erkennt man schnell ein fundamentales Problem. Ein ganz wesentliches Merkmal der Beschäftigung mit Klima und dessen gezielter Manipulation ist die Unsicherheit über die Beschaffenheit des betrachteten Systems. Diese Unsicherheit gelangt in unsere Betrachtung auf zweifache Weise: Einerseits rät sie uns zur Vorsicht bei dem Gebrauch von Geoengineering, sind doch die Nebenwirkungen bisher nur schwer abschätzbar. Andererseits aber drängt sie uns auch zur Entwicklung von Notfallplänen, da die Vorhersagen über die globalen Folgen eines weiteren Temperaturanstiegs ebenfalls stark fehlerbehaftet sind. Was, wenn die Menschheit eines Tages eine überraschende Temperaturerhöhung erlebt, die bisherige Vorhersagen deutlich übersteigt?
Die ökonomische Arbeit im Marsilius-Projekt „The Global Governance of Climate Engineering“ lässt sich in drei Phasen gliedern. Unverzichtbarer Ausgangspunkt ist die Entwicklung unterschiedlich komplexer Modelle zur Erfassung der Kosten und Nutzen von Geoengineering. Diese Phase ist stark von der Zusammenarbeit mit den Umweltphysikern geprägt. Ziel ist es, die charakteristischen Eigenschaften unterschiedlicher Ausformungen des Geoengineering abzubilden: Was ist die kostenminimierende Kombination von Technologien für eine Absenkung der Temperatur über mehrere Jahre? Welche Zusatzkosten entstehen, wenn eine besonders rasche Absenkung erforderlich sein sollte? Aber auch die spezifische Problematik des Geoengineering ist zu berücksichtigen: Aggressives Geoengineering ermöglicht einerseits ein unvermindertes Emittieren von Treibhausgasen. Andererseits legt dieses unverminderte Emittieren die Weltgesellschaft unwiderruflich auf die Nutzung weiterer Geoengineering-Maßnahmen fest.
Daraufhin wenden wir uns der Situation der Entscheidungsträger zu, die vor der Frage stehen, ob, und wenn ja, wie viel in die Erforschung des Geoengineering investiert werden soll. In dieser Phase gibt es großen Austauschbedarf mit den Psychologen, die hinterfragen, wie Menschen entscheiden, wenn sie mit komplexen Problemen konfrontiert werden. Die Berücksichtigung der oben erwähnten Unsicherheit wird hierbei großen Raum einnehmen. Ziel ist es, eine möglichst allgemeine ökonomische Analyse von optimalem Verhalten unter Unsicherheit zu leisten, um unterschiedliche Konstellationen abbilden zu können.
Schließlich sollen die Auswirkungen der Verfügbarkeit von Geoengineering vor dem Hintergrund internationaler Abkommen zum Klimaschutz untersucht werden. Die in den ersten beiden Phasen getroffenen Analysen abstrahieren zunächst von den strategischen Anreizen unterschiedlicher Staaten zum Einsatz von Geoengineering. Wie die Wirklichkeit der internationalen Klimapolitik jedoch klar zeigt, sind die strategischen Anreize zentrale Bestimmungsgründe nationalen Handelns. Unterschiede in technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten, aber auch Unterschiede in der Betroffenheit durch Klimawandel und die Effekte von Geoengineering prallen aufeinander. Eine spieltheoretische Analyse in enger Zusammenarbeit mit den Politikwissenschaftlern und Völkerrechtlern soll Risiken und Lösungsansätze dieser globalen Interaktion aufzeigen.
Daniel Heyen