Bereichsbild

Arbeitsvorhaben Prof. Dr. Werner Aeschbach-Hertig

Globaler Wandel und Globalisierung. Umgang mit begrenzten Ressourcen


Ausgangslage und Zielsetzung

Vor einem Jahr reichten die Fellows Profs. Gebhardt, Goeschl und Platt ein langfristig angelegtes Marsilius-Vorhaben mit dem Obertitel "Globaler Wandel und Globalisierung" ein. Es wurde von einer breiteren Gruppe von Kollegen der Universität mitgetragen und zu einer Initiative zur Vorbereitung eines Exzellenzclusters sowie zur Planung eines Umweltzentrums weiterentwickelt.

Ziel des vorliegenden Antrags ist, diese Aktivitäten weiter zu vertiefen und auszubauen, wobei die Breite des Themas es erfordert, weitere Personen mit ihren spezifischen Expertisen und Interessen einzubinden. Entwickelt werden sollen tragfähige disziplinübergreifende Projekte und Forschungsverbünde im Bereich der Heidelberger Umweltforschung. Thematisch wird auf die Rolle von Schlüsselressourcen im globalen Wandel fokussiert, wobei aufgrund der vorhandenen Expertise das Wasser im Vordergrund steht.

Problemsituation

Globaler Wandel und Globalisierung sind eng miteinander verknüpft. Die Globalisierung hat großen Teilen der Weltbevölkerung gesellschaftliche Veränderungen und wirtschaftliches Wachstum gebracht. Negative Folgen dieser Entwicklung sind ein steigender Verbrauch von fossilen Energieträgern und damit die Verstärkung des Klimawandels als auch die Erschöpfung vorhandener Reserven. Andere Ressourcen wie Land und Wasser werden ebenfalls zunehmend knapper. Der Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise hat nicht nur für ärmere Länder deutliche Folgen. Ebenso droht der globale Wandel mancherorts erzielte Fortschritte zunichte zu machen oder erschwert die Entwicklung. Die Ergründung und Lösung dieser Probleme und Konfliktpotentiale verlangt neue Forschungsansätze und Strategien, die - unter Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen (s. Antrag Prof. Mager) und gesellschaftlicher Zusammenhänge - naturwissenschaftlich-technische mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Maßnahmen verknüpfen. Mit diesem komplexen Ansatz kann schließlich vermieden werden, dass Teilerfolge auf einem Gebiet zu unerwarteten Problemen anderswo führen (Bsp. Bioenergie und Nahrungsmittelversorgung).

In vielen Trockengebieten der Erde haben ein überdurchschnittlich hoher Bevölkerungsdruck und Landnutzungsänderungen, etwa infolge Migration, der Ausweitung von Bewässerungs auf Kosten von Weideflächen oder der Anlage großer Industriegebiete, bereits zu massivem physischen oder ökonomischem Wassermangel geführt, welcher sich durch den Klimawandel oft weiter verschärfen wird. Beeinträchtigt sind in diesen Regionen etwa die Entwicklung der Landwirtschaft oder auch der Energieversorgung (Wasserkraft, Kühlung), aber auch natürliche Ökosysteme (z.B. Artenvielfalt). Der Konkurrenzkampf um Wasserressourcen führt auf verschiedenen räumlichen und sozialen Ebenen zu Konflikten, zum Teil mit internationalen Lösungsversuchen. Ein wichtiges Mittel zum globalen Problemmanagement, das allerdings schwierige rechtliche und politische Fragen aufwirft, besteht etwa im internationalen Handel mit Nahrungsmitteln (Stichwort "virtual water").

Die Wasserproblematik ist damit eng mit anderen zentralen Themen des globalen Wandels und der Globalisierung verknüpft (Klimawandel, Nahrung, Energie, Biodiversität, Welthandel, Umwelt- und Völkerrecht, Wirtschaftswachstum, Ressourcenkonflikte). Die Auswirkungen treten jedoch eher auf regionaler als auf globaler Ebene auf und lassen sich daher in vergleichenden Fallstudien analysieren.

Projektgliederung

 

Das Vorhaben soll Aktivitäten im Rahmen der Vorbereitung eines Exzellenzclusters "Global Change and Globalisation" bzw. eines Umweltzentrums ergänzen und vertiefen. Insbesondere ist vorgesehen, die Möglichkeiten des Marsilius-Kollegs dafür einzusetzen, interdisziplinäre Seminare oder Kolloquien zum Themengebiet durchzuführen. Damit sollen interessierte Heidelberger Wissenschaftler zusammengeführt, aber auch Expertise von auÿen in den Prozess eingebracht werden. Ziel ist die Erarbeitung von konkreten interdisziplinären wissenschaftlichen Projekten und neuen fachübergreifenden Ideen im Sinne eines sozio-ökologischen Wassermanagements.

 

Zur Fokussierung des Prozesses werden die beantragenden Marsilius-Fellows eine Vorauswahl an Fragestellungen und potentiellen Untersuchungsgebieten durchführen. Sie orientieren sich dabei an Projektvorschlägen zum Exzellenzcluster-Vorbereitungsantrag sowie am aktuellen Schwerpunkt-Vorschlag des Nationalen Komitees für Global Change Forschung (NKGCF): "Umgang mit dem Klimawandel - Landnutzung im Spannungsfeld von Ressourcenschutz, Nahrungs- und Energienachfrage".

 

Die Sichtung der Projektvorschläge erbrachte, dass eine Fokussierung auf den Einfluss von Klimawandel und Landnutzungsänderungen auf die Wasserressourcen im Altweltlichen Trockengürtel (N-Afrika, Vorderer Orient, Zentralasien) sinnvoll ist. So sagen Klimamodelle für die Mittelmeerregion übereinstimmend einen deutlichen Rückgang der Niederschläge voraus, während in von Gletscherwasser versorgten Bereichen mit einer regional stark verringerten Schmelzwassermenge zu rechnen ist. Außerdem wird vielerorts die Bewässerungslandwirtschaft stetig weiter ausgebaut. Die Folgen und Rückkopplungen solcher komplexer Entwicklungen sind aus naturwissenschaftlicher, sozialer, politisch-juristischer und wirtschaftlicher Perspektive zu beleuchten. Konkrete Erfahrungen, die in das Vorhaben einzubringen sind, bestehen z.B. für Ägypten. Prof. Bubenzer hat dort Untersuchungen zum Einfluss vergangener hydroklimatischer Änderungen auf frühere Kulturen durchgeführt. Prof. Aeschbach-Hertig hat die Grundwasserneubildung in den durch Bewässerung entstehenden neuen Anbaugebieten untersucht. Im zentralasiatischen Raum läuft seit diesem Jahr das Projekt "Förderung nachhaltiger Megastadtentwicklung durch effiziente Bewirtschaftung der Wasserressourcen in einem semiariden Milieu" (Profs. Roth/Bubenzer) im Rahmen des BMBF-Pojektes "RECAST Urumqi - Steigerung der Ressourceneffizienz in einem semiariden Milieu: Urumqi als Modellstadt für Zentralasien". Erkenntnisse aus diesen Projekten über vergangene und aktuelle Prozesse sind in Prognosen und Szenarien für die zukünftige Entwicklung einzubringen. Ergänzende soziale, wirtschaftliche und politische Studien unter Berücksichtigung der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen können Handlungsoptionen auf eine wesentlich sicherere Basis stellen.

 

Beispielhaft seien einige mögliche fachübergreifende Fragestellungen angeführt:

 

- Wie hat sich Wassermangel in der Vergangenheit auf die Kulturentwicklung ausgewirkt?
- Was sind die Grenzen der Ausweitung der Bewässerungslandwirtschaft (Größe und Erneuerung der  Ressourcen)?
- Welchen Impact wird der Klimawandel auf die Wasserprobleme haben?
- Wie wirken sich Landnutzungsänderungen auf die Wasserverfügbarkeit und das Klima aus?
- Wie können grenzübergreifende Wasserkonflikte gelöst werden?
- Was ist der wirtschaftlich effizienteste Weg zum Umgang mit der Wasserknappheit (z.B. Nahrungsmittelimport versus Ausbau der Bewässerung)?
- Ist es politisch und juristisch machbar, den Druck auf die Wasserressourcen durch Nahrungsmittelimport
zu entschärfen?
- Sind neue Formen der internationalen Kooperation denkbar (z.B. "Tauschgeschäfte" Solarenergie
gegen virtuelles Wasser)?

 

Nutzen und Zukunftsperspektive

Das Projekt wird das fachübergreifende Zusammenwachsen der Umweltforschung in Heidelberg im Sinne der Präambel des Marsilius-Kollegs "Kommunikation zwischen den Wissenschaftskulturen" (Bridging the Neckar River) weiter fördern. Es wird die geplanten Aktivitäten im Rahmen der Exzellenzinitiative II sowie des Umweltzentrums ergänzen und befruchten, und damit die Nachhaltigkeit der interdisziplinären Heidelberger Forschung im Umweltbereich sichern. Neben einer Beteiligung an einem Exzellenzcluster lassen sich die Ergebnisse des hier vorgeschlagenen Projektes auch für die Beantragung von Forschergruppen oder eines Sonderforschungsbereichs sowie selbstverständlich für ein Marsilius-Projekt nutzen.

Seitenbearbeiter: Geschäftsstelle
Letzte Änderung: 29.06.2011
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