Bereichsbild

Arbeitsvorhaben Prof. Dr. Ekkehard Felder

Akzeptanzprobleme wissenschaftlicher Forschung im Spiegel sprachlicher Konstitutionsbedingungen

 

Wissen, Faktizitätsherstellung und Weltbildkonstitution durch Sprache als interdisziplinäre Herausforderung

 

Wer die Sachverhalte der Welt sprachlich fasst bzw. "zubereitet", schafft dadurch Realitäten. Realitäten können als Versuch der sprachlich gebundenen Faktizitätsherstellung beschrieben werden. Deshalb beinhalten öffentliche Debatten über Forschungsergebnisse oft einen Streit um Worte: Darf man zum Beispiel von "therapeutischem Klonen" sprechen oder sollte man eher "Forschungsklonen" sagen? Welches Konzept steht hinter dem Wortbildungselement "Nano-"? Gibt es einen Unterschied zwischen "Sterbehilfe", "Hilfe zum bzw. beim Sterben" oder "assistiertem Suizid"? Wer eine Bezeichnung in der öffentlichen Debatte durchsetzen kann oder Bedeutungskomponenten eines gängigen Ausdrucks zu prägen vermag, der hat sehr oft die Deutungshoheit über den entsprechenden Sachverhalt.

Als Medienrezipienten und Saatsbürger werden wir in erheblichem Maße mit Realität konfrontiert, also mit sprachlichen Produkten in Medien, die außermediale Wirklichkeit zu zeigen vorgeben. In der Rezeption von gesellschaftspolitisch relevanten Ereignissen wie z. B. Forschungsergebnissen haben wir es demnach mit - in Mediensprache, Bildern und Grafiken - gestalteten Phänomenen zu tun.

Relevant wird dieser Umstand, wenn Fachleute darüber klagen, wie Themen ihrer Fachdisziplinen in Medien veröffentlich werden. Von dieser Erfahrung ausgehend stellt sich die Frage, wie Medien - im Unterschied zu den Experten der jeweiligen Wissensdomäne - Sachverhalte konstituieren, also Realität erzeugen. Hält man sich darüber hinaus die vermeintlich triviale Tatsache vor Augen, dass jegliches Wissen zum Zwecke der Kommunikation sprachlich gefasst werden muss, so wird evident, dass die Folie Sprache (also Fach- und Gemeinsprache) als Erzeugungsmedium fachlichen Wissens der besonderen Aufmerksamkeit bedarf.

 

Zielsetzung des Arbeitsvorhabens

 

Das Erkenntnisziel des angeführten Arbeitsvorhabens hat eine methodische und eine inhaltliche Dimension. Inhaltlich sind die exemplarisch vorgeschlagenen Themen bzw. Untersuchungsgegenstände (sog. Klonen, Nano-Technologie, Sterbehilfe) in den nächsten Jahren von höchster Relevanz (zu ergänzen um weitere Themen der Marsilius-Fellows) und bedürfen daher der Analyse von natur- und geisteswissenschaftlicher Seite. Methodisch sollen interdisziplinär entwickelte und an Einzelbeispielen erprobte Beschreibungsverfahren solcher Diskurse - insbesondere die Kluft zwischen Fachdiskurs und öffentlichem Diskurs - in ein grundlegendes Heidelberger Marsilius-Paradigma überführt werden. Das Innovative des Ansatzes besteht darin, dass nicht nur ex-post-Analysen von Wissenschaftsdebatten angestrebt werden, sondern die synchrone fachlich und außerfachliche Analyse der aktuellen Diskussion sowie der Versuch der wissenschaftlichen Einflussnahme auf die Debatte. Dazu bedarf es eines Kooperationsprinzips zwischen Linguisten und sprachlich interessierten Fachexperten unterschiedlicher Wissensdomänen, wie dies im interdisziplinären und internationalen Forschungsnetzwerk "Sprache und Wissen" (vgl. www.suw.uni-hd.de). durch eine strukturell nachhaltige Vernetzung realisiert ist.

Seitenbearbeiter: Geschäftsstelle
Letzte Änderung: 13.07.2011
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