Bereichsbild

Teilprojekt Menschenwürdig sterben

Projektsprecher: Prof. Dr. Wolfgang U. Eckart (Medizin)

Beteiligt: M. Anderheiden (Jura), H. Bardenheuer (Medizin), H. Kiesel (Germanistik), A. Kruse (Gerontologie), J. Wassmann (Ethnologie)

 

Am Lebensende sind drei Forschungsbereiche mit eigenem Bezug zur Menschenwürde zu unterscheiden: das individuelle Lebensende (Sterben), das statistisch wahrscheinliche Lebens­ende, das mit dem Altern näher rückt (Altern), und der postmortale Persönlichkeitsschutz. Die Forschergruppe konzentriert sich hier auf das Sterben. Das entspricht einerseits der Ausrichtung des Gesamtprojekts „Menschenwürde“, das die Menschenbilder und in diesem Zusammenhang den postmortalen Persönlichkeitsschutz eigens in den Blick nimmt. „Altern“ wird andererseits als eigener großer Forschungsgegenstand im Marsilius-Kolleg behandelt. „Menschenwürdig Sterben“ er­weist sich damit als großes Desiderat interdisziplinärer Forschung, das zugleich Bindeglied für die Projekte im Kolleg sein könnte.
Die an diesem Projektteil vereinten Forscher wollen ein Handbuch „Menschenwürdig Sterben“ verfassen. Ein solches Handbuch ist ein wissenschaftliches Novum, das sich nur unter beständigem und weithin interdisziplinärem Austausch verwirklichen lässt. Die Finanzierung durch die Gelder der Exzellenzinitiative und der personale Anschluss an das Marsilius-Kolleg durch Fellows werden dabei als eine erste Phase verstanden, um die übergreifen­den Fragen des Themas herauszuarbeiten und in Symposien zu behandeln, das umfängliche, aber nicht auf das Thema zugeschnittene Material zu sichten und zu ordnen, das Netz wissenschaftlicher Kontakte auszubauen und weitere Drittmittel zu einer beständigen Finanzierung zu akquirieren (DFG-Normalantrag, Landesstiftung Baden-Württemberg, wissenschaftliche Akademien).
Die im Projekt vereinten Forscher verfolgen den Gedanken, dass das Sterben entgegen dem bis heute dominierenden Ansatz eine eigene, durch Besonderheiten gekennzeichnete und da­mit abgrenzbare Phase des menschlichen Lebens ist. Sie tritt durch die Erkenntnisse der Bio- und Medizinwissenschaften deutlicher hervor als noch vor einer Generation und ist mit der Institutionalisierung von Palliativmedizin und Hospizen als solche anerkannt. Die Forscher sehen, dass der sterbende Mensch besonderen Gefahren ausgesetzt ist, aber auch bis in die allerletzte Lebensphase hinein eigene Potenziale besitzt. Potentiale wie Gefahren sollen für eine adäquate begriffliche Fassung menschenwürdigen Sterbens genau und perspektivenreich erfasst werden.

Jeder der Forscher hat bereits zum Thema „Sterben“ aus seiner wissenschaftlichen Sicht gearbeitet und publiziert oder ist weitergehend damit in der täglichen Arbeit konfrontiert. Daneben bestehen weitreichende Erfahrungen in interdisziplinärer Zusammenarbeit, die jeder einbringt. Projektbezogen liegen Ergebnisse empirischer Forschung aus Ethnologie und Psychologie vor. Die Vorarbeiten kulminieren in einer Vorlesungsreihe des Studium Generale der Universität Heidelberg im SS 2007 („Palliativmedizin als Bedingung einer neuen ars moriendi“, Leitung: Anderheiden, Bardenheuer, Eckart) und einem für Mai 2008 vorbereiteten Kongress „Menschenbild und Menschenwürde am Lebensende“ (Leitung: Kiesel). Begleitende Promotionskollegs sind geplant oder beantragt.

Handbuch und vorbereitende oder begleitende Arbeiten sollen im gegenseitigen wissenschaftlichen Austausch und mit der Möglichkeit palliativmedizinischer Praxiserfahrung den Prozess des Sterbens medizinisch, psychologisch und kulturspezifisch besser verstehen helfen. Sie sollen begriffliche Fallen aufdecken, historische Erfahrungen nutzen, soziale und rechtliche Gefahren aufzeigen und die bereits empirisch erkennbaren und literarisch verarbeiteten Potenziale zu einer neuen ars moriendi bündeln und für den Alltag fruchtbar machen. Die Forscher wollen weitere Disziplinen wie Seelsorge oder Medizinethik in späteren Phasen des Projekts hinzuziehen.

 

Seitenbearbeiter: Geschäftsstelle
Letzte Änderung: 23.05.2018