Bereichsbild

Teilprojekt Geographie

Den Klimawandel regulierbar machen: Diskurse der Klimaregulation in räumlicher Dimension

 

Wie global ist der Klimawandel?

Der Klimawandel überschreitet Grenzen. Er ist zum Dreh- und Angelpunkt für Erzählungen von Endzeitszenarien geworden – von Naturkatastrophen, Flüchtlingsströmen und drohenden Kriegen. Gleichzeitig hat er es wie kaum ein anderes Thema geschafft, Vertreter aus unterschiedlichen Nationen und Themenfeldern auf die Bühne der globalen Politik zu führen. Regional unterschiedlich sind jedoch nicht nur die ökologischen Konsequenzen, die eine Veränderung von Wetter und Klima durch anthropogene Emissionen oder absichtliche technologische Eingriffe mit sich bringen. Auch die Auswirkungen politischer und gesellschaftlicher Handlungen im Bemühen, eine weltweite Katastrophe abzuwenden, sind ungleich verteilt: In vielerlei Hinsicht stützt sich die globale Klimapolitik auf räumliche Ordnungen. Internationale Expertengremien überwachen den Zustand der Welt und geben Empfehlungen an nationale Entscheidungsträger. Emissionsrechte werden auf staatlicher Ebene bilanziert und lokale Projekte in Entwicklungsländern - gefördert nach dem Clean Development Mechanism - generieren neue Entwicklungspotentiale, aber auch Abhängigkeiten.

 

 

 

Geoengineering und Geopolitik

Eine Humangeographische Betrachtung der Global Governance von Geoengineering soll die Ambivalenzen in den Blick nehmen, die für das Verhältnis von Gesellschaft und Umwelt im einundzwanzigsten Jahrhundert charakteristisch sind: neuen technologischen Möglichkeiten stehen unkalkulierbare Risiken gegenüber, die räumlich entgrenzt und ungleich verteilt sind. Die Risikobewertung in internationalen Diskursen der Klimaregulation ist schließlich entscheidend für Einsatz und Erforschung von Geoengineering. Eine „Steuerung des Klimawandels“ mittels neuer Technologien und politischer Instrumente ist dabei immer auch Ausdruck globaler Machtverhältnisse, die es aufzudecken und zu hinterfragen gilt. Vor diesem Hintergrund birgt Geoengineering, verstanden als eine absichtliche und großräumige Einflussnahme auf das Klimasystem, in besonderem Maße das Potential, geopolitische Konstellationen neu zu ordnen. Für künftige politische Rahmenbedingungen stellt sich daher die Frage, wie ungleich verteilte Risiken, Entwicklungschancen und Verantwortungen in kollektives und verantwortungsbewusstes Handeln in einer globalisierten Welt übersetzt werden können.

 

 

 

Gouvernementalität: Den Klimawandel regierbar machen

Um den analytischen Blick auf Machtverhältnisse in der Regulation des Klimawandels im Allgemeinen und von Geoengineering im Besonderen zu lenken, soll die Perspektive Governance erweitert und als eine Form von Gouvernementalität - einer Regierung des Denkens und Handelns - verstanden werden. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass eine „Regierung des Klimawandels“ sich auf kulturelle Interpretationen natürlicher und gesellschaftlicher Prozesse gründet. Für die Geographie steht die Frage nach der räumlichen Organisation im Vordergrund: Welche Bedeutung kommt räumlichen Einheiten und Maßstabsebenen zu, wenn es darum geht, „den Klimawandel“ verständlich und politisch steuerbar zu machen? Welche neuen „Geographien des Klimawandels“ werden im Diskurs um Geoengineering gezeichnet? „Raum“ stellt sich in der Diskussion um technologische Möglichkeiten und politische Rahmenbedingungen als eine Kategorie des Denkens und Handelns dar. So werden Chancen, Risiken und Abhängigkeiten global neu verteilt und es bleibt zu klären, inwiefern sich Geoengineering als ein post-koloniales Projekt unserer Zeit präsentiert.

 

 

Thilo Wiertz

Seitenbearbeiter: Geschäftsstelle
Letzte Änderung: 23.05.2018