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Fellow-Klasse 2014/15Prof. Dr. Jens Halfwassen †

Arbeitsvorhaben am Marsilius-Kolleg

Materie, Bestimmtheit, Freiheit

Bei dem Projekt geht es um eine philosophische Neubestimmung des Verhältnisses von Materie, Bestimmtheit und Freiheit. Ausgangspunkt ist der Verdacht, daß ein Verständnis von Natur als durchgängig determiniertem Kausalzusammenhang weder philosophisch sinnvoll noch mit den Erkenntnissen der Quantenphysik vereinbar ist.

Ein solches Naturverständnis entstammt historisch der stoischen Philosophie und wurde durch die Stoa-Renaissance des 16. und 17. Jahrhunderts und ihren Einfluß auf die gleichzeitig entstehende moderne Physik weithin dominierend, und zwar bis heute. Es ist aber unvereinbar mit dem klassischen Materiebegriff, den Platon, Aristoteles und Plotin entwickelt haben und der Materie als Prinzip der Unbestimmtheit konzipiert. Daraus ergibt sich, daß die Natur kein durchgängig bestimmtes Ganzes sein kann, sondern Momente der Unbestimmtheit und damit Spielräume sowohl für Zufall als auch für Spontaneität bieten muß. Anders können Naturprozesse von der Teilchenbewegung bis zur Evolution gar nicht begriffen werden.

Genau dies scheint die moderne Quantenphysik mit ihrer Wiederentdeckung von Momenten der Unbestimmtheit gerade in den elementarsten Dimensionen der Natur zu bestätigen. Damit kommt zugleich die Freiheitsfrage ins Spiel, wobei Freiheit nicht Unbestimmtheit bedeutet, sondern Selbstbestimmung. Die Frage ist dabei auch, ob die Evolution gegen den modischen Neodarwinismus nicht-deterministisch als naturale Vorform von Freiheit begriffen werden kann.

Porträt Jens Halfwassen Fellow 2014/15

FORSCHUNGSGEBIETE

  • Geschichte der Philosophie: Antike Philosophie (Vorsokratiker, Platon, Aristoteles, Mittel- und Neuplatonismus), Philosophie des Mittelalters und der Renaissance (Eriugena, Anselm von Canterbury, Meister Eckhart, Nikolaus von Kues), klassische deutsche Philosophie (Leibniz, Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Jaspers);
  • systematisch: Metaphysik, Ontologie, Philosophische Theologie (Prinzipientheorie), Religionsphilosophie, Geschichtsphilosophie, Politische Philosophie

Lebenslauf

  • 1978-1985 Studium Philosophie, Geschichte, Altertumswissenschaften und Pädagogik an der Universität Köln
     
  • 1989 Promotion summa cum laude zum Dr. phil. in Köln
     
  • 1989-1996 Wiss. Assistent von Prof. Dr. Klaus Düsing am Philosophischen Seminar Köln
     
  • 1995 Habilitation in Philosophie in Köln
     
  • 1996 Oberassistent am Philosophischen Seminar Köln
     
  • 1997 Heisenberg-Stipendium der DFG
     
  • 1997 Professor für Philosophie an der LMU München
     
  • 1999 Ordinarius für Philosophie in Heidelberg
     
  • 2012 Ordentliches Mitglied d. Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
     
  • 2012 Leiter d. Jaspers-Forschungsstelle der Heidelberger Akademie d. Wissenschaften

Ausgewählte Publikationen

Tabelle

Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin. Beiträge zur Alertumskunde Band 9. Stuttgart: B. G. Teubner Verlag 1992, 422 Seiten. 2., um einen Forschungsbericht erweiterte Auflage München und Leipzig: K. G. Saur Verlag 2006, 440 Seiten (Übersetzung ins Englische geplant).
Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung. Hegel-Studien. Beiheft Band 40, Bonn: Bouvier Verlag 1999, 512 Seiten. 2. Auflage Hamburg: Felix Meiner Verlag 2005.
Plotin und der Neuplatonismus. Beck'sche Reihe DENKER, München: C. H. Beck Verlag 2004, 199 Seiten (Übersetzung ins Englische abgeschlossen, ins Französische geplant).
Geist und Selbstbewußtsein. Studien zu Plotin und Numenios. Abhandlung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Geistes- und Sozialwissenschaftliche Klasse, Jahrgang 1994, Nr. 10. Stuttgart: F. Steiner Verlag 1994, 71 Seiten.
Speusipp und die Unendlichkeit des Einen. Ein neues Speusipp-Testimonium bei Proklos und seine Bedeutung. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 74, 1992, S. 43-73.
Monismus und Dualismus in Platons Prinzipienlehre. In: Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter 2, 1997, S. 1-21 (auch auf Englisch und Polnisch erschienen).
Sein als uneingeschränkte Fülle. Zur Vorgeschichte des ontologischen Gottesbeweises im antiken Platonismus. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 56, 2002, S. 497-516.
Der Demiurg: Seine Stellung in der Philosophie Platons und seine Deutung im antiken Platonismus. In: "Platons 'Timaios'. Beiträge zu seiner Rezeptionsgeschichte". Hrsg. von Ada B. Neschke-Hentschke (Bibliothèque philosophique de Louvain). Löwen und Leiden: Peters 2000, S. 39-61.
Jenseits von Sein und Nichtsein: Wie kann man für Transzendenz argumentieren? In: "Gottesbeweise als Herausforderung für die moderne Vernunft". Hrsg. Von Thomas Buchheim, Friedrich Hermanni, Axel Hutter und Christoph Schwöbel (Collegium Metaphysicum Band 4), Tübingen: Mohr Siebeck 2012, S. 85-98.
Die Unverwüstlichkeit der Metaphysik. In: Philosophische Rundschau 57, 2010, S. 97-124 (Sonderheft "Die Zukunft der Philosophie").

KONTAKT

Prof. dr. Jens Halfwassen

Philosophische Fakultät
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg