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Fellow-Klasse 2008/09Prof. Dr. Hans Gebhardt

Arbeitsvorhaben am Marsilius-Kolleg

Theoretische Konzepte zum Zusammenhang von Gesellschaft und Umwelt, empirisch: Wasserprobleme und Entwicklung des internationalen Tourismus in Trockengebieten des Vorderen Orients (Beispiele Jordanien, Sinai, Dubai) 

Das Gesamtprojekt „Globaler Wandel und Globalisierung“ untersucht in theoretischer Hinsicht wie in praktischen empirischen Fallstudien den Zusammenhang zwischen Globalisierung, verstanden als Prozess der Intensivierung weltweiter wirtschaftlicher wie auch kultureller und sozialer Beziehungen, und Global Change, dem Wandel der Umweltbedingungen und der Ressourcennutzung. Dabei stehen in der ersten Phase zwei Themen im Vordergrund: Klimawandel und Vorgänge in der Atmosphäre (Treibhausgase) in Verbindung mit historischer Klimaforschung (Geoarchäologie), sowie Global Change, Verwundbarkeit von Gesellschaften und Wasserressourcen.

Das geographische Teilprojekt hat dabei zwei Forschungsziele:

1. Weiterentwicklung theoretischer Konzepte zum Zusammenhang von globalem Umweltwandel und Globalisierung. Die Geographie als „Brückenfach“ zwischen Natur- und Gesellschaftswissenschaften hat seit jeher solchen Fragen ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Vor allem von naturwissenschaftlich orientierten Geowissenschaftlern wurden Regelkreismodelle und system-theoretische Ansätze zum Zusammenwirken von natürlichen Geofaktoren und "dem Menschen" entwickelt. Aus Sicht der Humangeographie können diese Modellvorstellungen allerdings nicht befriedigen, da die Rolle machtvoll handelnder wirtschaftlicher und politischer Akteure, die Rolle gesellschaftlicher Diskurse etc. hierbei nur unzureichend berücksichtigt wird. In den letzten Jahren wurden daher Ansätze der politischen Ökologie, der Humanökologie, Vorstellungen zur Resilienz von Ökosystemen, Überlegungen zu "complex emergencies" bei sich negativ veränderten Umweltbedingungen entwickelt, die im Rahmen des geographischen Teilprojekts weiterentwickelt werden sollen. Prof. Gebhardt befasst sich im Rahmen verschiedener geographischer Arbeitskreise seit Jahren mit solchen Fragen, in der gemeinsamen Ringvorlesung von Umweltphysik, Umweltökonomie, Geowissenschaften und Geographie im SS 2008 wird er über den derzeitigen Stand der Forschung berichten.

2. Empirisches Forschungsprojekt zum Zusammenhang von Wasserproblemen und internationaler Tourismusentwicklung in verschiedenen Staaten des Vorderen Orients

Im Vorderen Orient spielen Konflikte um die Wasserressourcen vor allem in den Wassermangelregionen eine Rolle. Hierzu zählt neben Palästina und den nordafrikanischen Staaten die arabischen Golfstaaten sowie Jordanien und die Sinaihalbinsel. Hier kommen zu den traditionellen Wassernutzern, der Bewässerungslandwirtschaft und den rasch wachsenden Städten, mit groß angelegten Tourismusprojekten (Dubailand, Sharm el Sheik, Totes und Rotes Meer in Jordanien) weitere Verbraucher hinzu. Dubai ist für diesen massiven Toursimusboom inzwischen ja weltweit bekannt geworden.

Solche Entwicklungen verursachen in den Trockenregionen des Vorderen Orients massive Wasserprobleme, sowie in natürlicher wie in politischer Hinsicht. Angesichts weltweiter Klimaveränderungen gehen die Ressourcen zurück, die Verteilungskämpfe nehmen zu. Das Forschungsvorhaben will bestehende und geplante touristische Projekte hinsichtlich ihrer Wasserprobleme untersuchen und die unterschiedlichen Akteurskonstellationen und Governanceformen in den drei Ländern Jordanien, Ägypten und Dubai untersuchen. Die Arbeiten werden gemeinsam mit Kollegen der University of Jordan und Dr. Heiko Schmid vom Geographischen Institut der Universität Heidelberg durchgeführt.

Porträt Hans Gebhardt Fellow 2008/09

FORSCHUNGSGEBIETE

  • Gesellschafts-Umweltforschung
  • Politische Geographie
  • Geographische Stadtforschung

Lebenslauf

  • 1957-1970 Grundschule, Gymnasium Neu-Ulm, Abitur
  • 1970-1973 Studium der Fächer Pädagogik, Deutsch und Geographie an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen
  • 03/1979 Studium der Fächer Geographie, Geologie und Germanistik an der Universität Tübingen
  • 02/1979 Promotion zum Dr. phil. an der Geowissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen
  • 04/1979-09/1990 Tätigkeit als wissenschaftlicher Angestellter bzw. als wissenschaftlicher Assistent am Geographischen Institut der Universität zu Köln
  • 07/1988 Habilitation an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln für das Fach Geographie
  • 10/1990 Ernennung zum Professor (C3) für Anthropogeographie / Landeskunde Südwestdeutschlands an der Universität Tübingen
  • 04/1996 Ernennung zum Professor (C4) für Anthropogeographie an der Universität Heidelberg

Ausgewählte Publikationen

Tabelle

Gebhardt, H. (2007): Entwicklung und Kultur aus geographischer Sicht. Perspektiven nach dem „cultural turn“ in der Geographie. In: Boeckh, A./Sevilla R. (Hrsg.): Kultur und Entwicklung. Vier Weltregionen im Vergleich. Baden-Baden, S. 15-38.
Gebhardt, H. mit A. Mattissek, P. Reuber und G. Wolkersdorfer (2007): Neue Kulturgeographie? Perspektiven, Potentiale und Probleme. In: Geographische Rundschau, Jg. 59, 2007, H. 7/8, S. 12-21.
Glaser, R., Gebhardt, H., Schenk, W. (Hrsg.): Geographie Deutschlands. Darmstadt (darin u.a. folgende mit Glaser gemeinsam verfasste Beiträge: Deutschland als Raum – naturräumliche und gesellschaftliche Kontraste“ (S. 19), „Konflikte und Gefahrenräume in Deutschland“ (S. 203), „Risikogesellschaft – ein neues Schlagwort“ (S. 203-205), „Umweltbelastungen durch die Industriegesellschaft“ (S. 211- 215), „Leitbilder für die räumliche Entwicklung“ (S. 240-243), „Umweltplanung, Umweltmanagement und ökologische Kommunikation“ (S. 243-258).
Gebhardt, H. et al. (Hrsg.(2006): Geographie. Physische Geographie und Humangeographie. Heidelberg (darin folgende Beiträge: „Ein anderes Verständnis von Natur und Kultur“ (S. 930-931), „Natur und Kultur – eine Neubestimmung des Verhältnisses“ (S. 932-933), „Global Change, Syndromkomplexe und globale Ressourcenkonflikte“ (S. 960-962), „Einführung: Syndromkomplexe und der Kampf um Ressourcen“ (S. 962-966), „Future Geographies – die Zukunft des „Raumschiffs Erde“ (S. 975), „Michael Crichton: „Welt in Angst“ (S. 983), „Wassernutzung und Wasserkonflikte“ (S. 1007-1009), „Natural and man-made Hazards“ (S. 1032).
Gebhardt, H. (2005): Geography - crossing the divide? Disziplinpolitische Überlegungen und inhaltliche Vorschläge- In: Wardenga, U. (Hrsg.): Möglichkeiten und Grenzen integrativer Forschungsansätze in Physischer Geographie und Humangeographie, Leipzig, Seite 25-3.
Gebhardt, H. et al. (2005): Zokak el-blat. Introduction to a Multidisciplinary Urban Research Project. - In: Gebhardt, H./Sack, D. (Eds.): History, Space and Social Conflict in Beirut. The Quarter of Zokak el-Blat. Beirut (Orient-Institut der DMG Beirut, Beiruter Texte und Studien 97), S. 1-22.
Gebhardt, H., Reuber, P, Wolkersdorfer, G. (2004): Konzepte und Konstruktionsweisen regionaler Geographien im Wandel der Zeit. In: Berichte zur deutschen Landeskunde, H.3, 2004, S. 293-312.
Gebhardt, H. und H. Kiesel: Weltbilder im Wandel der Zeit. In: Gebhardt, H./Kiesel, H. (Hrsg.): Weltbilder. Heidelberg 2003 (Heidelberger Jahrbücher 47), S. 1-44.
Gebhardt, H., Reuber, P., Wolkersdorfer, G. (2003): Kulturgeographie – Leitlinien und Perspektiven. In: Gebhardt, H., Reuber, P., Wolkersdorfer, G. (Hrsg.): Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Heidelberg/Berlin, S. 1-30.
Gebhardt, H. (2003): „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“? Diskussionsbemerkungen zu den Vorträgen auf der Münchner Tagung zur Geographie als „integrierter Umweltwissenschaft“. In: Heinritz, G. (Hrsg.): „Integrative Ansätze in der Geographie – Vorbild oder Trugbild. München, (Münchner Geographische Hefte, 85).

KONTAKT

Prof. Dr. hans gebhardt

Geographisches Institut
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
E-Mail: joachim.funke@psychologie.uni-heidelberg.de